In diesem Blogbeitrag möchte ich nochmal davon erzählen, wie der Schutz der Meeresschildkröten abläuft:
Die ganze Nacht über, angefangen von 20 Uhr abends bis fünf Uhr morgens, patrouillieren wir zu zweit am Strand. Die Schichten sind zwischen drei und vier Stunden lang. Die Teams laufen den Strand ab und suchen nach Spuren einer Meeresschildkröte bzw. nach einer Meeresschildkröte.

Findet man eine Spur, dann folgt man dieser, stochert mit einem Stock an der Stelle des Nests herum und an dem Punkt, an dem man mit dem Stock einsackt weiß man, dass das Nest ist, da dort der Sand lockerer ist. Wenn wir Glück haben, wurde das Nest noch nicht ausgeraubt, die Eier sind noch da und wir können sie rausholen.

Die Eier werden dann gezählt und in einem Eimer oder einer Tüte zum „Vivero“ gebracht. Das Vivero ist eine Art Sandkasten, der in gleich große Quadrate eingeteilt ist, in die jeweils ein Schildkrötennest kommt. Das Vivero ist mit einem Schloss gesichtert, damit niemand Unbefugtes reinkommt, um die Schildkröteneier zu stehlen. Dort werden sie erneut gezählt, um sicherzugehen, dass die Zahl stimmt und wir buddeln sie in den Sand ein.
Sobald wir eine erwachsene Schildkröte (die Art, die hier an den Strand kommt heißt übrigens Oliv-Bastardschildkröte) sichten, müssen wir jede Menge Daten notieren: Kommt sie gerade aus dem Wasser, buddelt sie das Loch, legt sie die Eier, verschließt sie das Nest oder was macht sie gerade? Viele der Schildkröten haben zwei Metallplaketten mit Nummern drauf an ihren Flossen. Diese Metallplaketten sind weltweit genormt und so können wir rausfinden, wo die Schildkröte zuletzt war und wo sie zum ersten Mal gesehen wurde. Hat eine Schildkröte nur eine Metallplakette, dann bedeutet das, dass sie die andere verloren hat. In diesem Fall wird eine neue angebracht und die neue und die alte Nummer notiert. Hat sie noch gar keine werden die zwei neuen Nummern notiert. Außerdem wird der genaue Ort des Nests mit einem GPS-Gerät gemessen, die Umgebung notiert (Meer bis Sand/ Treibholz/ Vegetation). Die Uhrzeit, Verantwortlichen usw. schreiben wir ebenfalls auf.
Die Eier werden dann auch wieder ins Vivero gebracht. Eine erwachsenes Meeresschildkröten-Weibchen kommt drei bis vier Mal im Jahr an den Strand um Eier abzulegen, jeweils im Abstand von ein bis zwei Wochen. Anfangs legt sie sehr viele Eier (oft über hundert) und beim letzten Mal viel weniger. Ich habe bereits Nester zwischen 28 und 129 Eiern gesehen, die Zahl kann also stark variieren, der Durchschnitt liegt aber bei etwa 90 Eiern.
Im Vivero sind die Eier mindestens 50 Tage bis die Jungen schlüpfen, je nach dem wie das Klima ist, dauert es aber meist länger. Als die ersten Schildkrötenbabys in dieser Saison geschlüpft sind war ich dabei, sie waren über 60 Tage lang im Sand verbuddelt.

Die ersten zehn Babyschildkröten jedes Nestes werden gemessen (die Panzerlänge beträgt fast immer 41 mm) und gewogen (um die 19 g), um einen ungefähren Eindruck über ihre Maße zu bekommen.

Jetzt werden die Schildkröten gezählt, die Eierschalen gezählt, die Eier gezählt, die sich nicht entwickelt haben usw.

Wie viele gesunde Schildkröten schlüpfen, lässt sich nicht pauschal sagen. Von keiner Einzigen bis alle ist hier schon alles vorgekommen. Von den beiden Nestern, bei denen ich es hier mitbekommen habe, sind einmal ca. 30% geschlüpft (das Nest hatte sehr viel Regen abbekommen) und einmal ca. 95%.
Das Klima beeinflusst übrigens nicht nur, wie viele Schildkröten sich gesund entwickeln und schlüpfen, sondern auch wie bei anderen Reptilien hängt das Geschlecht von der Temperatur ab: Das nennt man „temperaturabhängige Geschlechtsdetermination”. Dafür ist ein Enzym verantwortlich, das Aromatase heißt und das männliche Geschlechtshormon Testosteron in Östrogen, das weibliche Geschlechtshormon, umwandelt. Bei Meeresschildkröten nimmt bei hohen Temperaturen die Aktivität von Aromatase zu, weshalb sich dann mehr Weibchen entwickeln. Bei niedrigen Temperaturen entstehen hingegen mehr Männchen. Das ist übrigens nicht bei allen Reptilien so auf diese Weise temperaturabhängig. Bei Krokodilen zum Beispiel ist es genau andersrum: Hier entwickeln sich bei höheren Temperaturen mehr Männchen .
Sind wir fertig mit allen Messungen, dann werden die Babyschildkröten an den Strand gebracht und in die Freiheit entlassen!


SONSTIGE FOTOS
Diesen Pilz habe ich hier letztens im Wald entdeckt und er hat mir sehr gut gefallen:

Ich habe vor kurzem nochmal einen Glasfrosch gesehen und zwar am hellichten Tage, obwohl Glasfrösche eigentlich nachtaktiv sind:

